Negative Strompreise und die Verantwortung der Solaranlagenbesitzer: Ein Blick auf die Energiezukunft
Die Solarbranche erlebt derzeit einen beispiellosen Boom. Mit der zunehmenden Verbreitung von Solaranlagen steigt auch die Menge an produziertem Solarstrom kontinuierlich. Doch diese Entwicklung bringt nicht immer nur Vorteile mit sich. Sowohl in Deutschland als auch in der Schweiz sind negativen Strompreise ein wachsendes Thema. Beispielsweise in der Schweiz hat Michael Frank, Direktor des Dachverbands der Stromwirtschaft VSE, in einem Interview betont, dass Hausbesitzer mit Solaranlagen nicht nur von Subventionen profitieren, sondern auch eine Mitverantwortung für das gesamte Stromsystem übernehmen müssten.
Herausforderungen durch Solarüberschuss
Die Schweiz ist auf einem guten Weg, ihre Energieversorgung nachhaltiger zu gestalten. Doch während im Winter und Frühjahr Solarstrom und Wasserkraft eine ideale Kombination darstellen, droht im Sommer ein Überfluss an Solarenergie, der das Stromnetz überlasten kann. Dies wirft Fragen auf: Warum sollten Anlagenbetreiber dafür bezahlt werden, Strom zu produzieren der nicht gebraucht wird, sondern sogar dazu führen kann die Netze zu überlasten?
Haben Solaranlagenbesitzer ein Anrecht darauf, überschüssige Energie zu produzieren und dafür entschädigt zu werden? Zumindest Michael Frank verneint dies entschieden.
Frank argumentiert, dass die Zeiten, in denen Solaranlagenbesitzer lediglich Subventionen kassieren konnten, ohne eine Verantwortung für die Netzstabilität zu übernehmen, vorbei seien. Der Ausbau der erneuerbaren Energien, insbesondere der Solarenergie, ist ein entscheidender Schritt für die Energiezukunft. Doch dieser Fortschritt bringt auch die Notwendigkeit mit sich, das Verhalten der Anlagenbesitzer anzupassen.
Verantwortung der Solaranlagenbesitzer und der Markt als Regulator
Ein zentrales Thema in diesem Kontext sind die sogenannten Negativpreise. Diese entstehen, wenn zu viel Strom im Netz vorhanden ist und die Erzeuger theoretisch dafür zahlen müssten, dass ihr Strom abgenommen wird. Bisher betraf dies hauptsächlich Betreiber großer Solarkraftwerke, doch in Zukunft könnten auch kleinere Solaranlagenbesitzer in diese Preisspirale geraten. Das würde ein klares Preissignal an die Anlagenbesitzer senden: Es lohnt sich, den Strom zu speichern und zu Zeiten ins Netz einzuspeisen, in denen er tatsächlich benötigt wird.
Anderseits darf im Markt, insbesondere bei dem Endverbraucher nicht der Eindruck entstehen es gäbe bereits “zu viele” PV-Anlagen, und der Bau würde sich nicht mehr auszahlen.
In Deutschland ist das Phänomen der negativen Strompreise bereits weiter verbreitet. Im Jahr 2024 wurden bereits 305 Stunden mit negativen Preisen verzeichnet, ein Anstieg gegenüber dem bisherigen Rekord von 301 Stunden im Jahr 2023. Diese Entwicklung unterstreicht ein grundlegendes Problem: Es mangelt erheblich an Speicherkapazitäten im Stromnetz. Dies führt nicht nur zu Risiken für die Netzstabilität, sondern verursacht auch hohe Kosten für den Bundeshaushalt. Allein im ersten Halbjahr 2024 mussten rund 10 Milliarden Euro aufgewendet werden, um das EEG-Konto auszugleichen, das durch die garantierten Einspeisevergütungen und die “Entsorgung” des überschüssigen Stroms belastet wurde.
Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) in Deutschland garantiert den Betreibern von Solaranlagen eine feste Vergütung für jede produzierte Kilowattstunde. Anlagen mit mehr als 100 kW Leistung müssen den erzeugten Strom selbst am Großhandelsmarkt vermarkten und erhalten eine Marktprämie, die die Differenz zwischen Marktpreis und garantierter Vergütung ausgleicht. Solange die negativen Preise nicht die Marktprämie übersteigen, bleiben die Anlagen in Betrieb. Seit 2021 gilt die “Vier-Stunden-Regel”: Wenn der Börsenstrompreis über vier Stunden hinweg negativ bleibt, entfällt die Förderung, was die Anlagenbetreiber dazu zwingt, die Produktion anzupassen.
Ausblick auf die Energiezukunft
Die Diskussion zeigt, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien untrennbar mit einer Anpassung der Infrastruktur und Marktmechanismen verbunden ist. Die Herausforderung besteht darin, das Stromnetz und die Speichertechnologien so weiterzuentwickeln, dass sie mit der steigenden Produktion Schritt halten können. Gleichzeitig muss die Politik Rahmenbedingungen schaffen, die sowohl den Ausbau erneuerbarer Energien als auch die Netzstabilität fördern. Dies erfordert ein Umdenken auf vielen Ebenen – von der Subventionspolitik über Marktanreize bis hin zur Verantwortung jedes einzelnen Solaranlagenbesitzers.
Insgesamt stehen wir vor einer spannenden, aber auch herausfordernden Energiezukunft. Der Weg zu einer nachhaltigen und stabilen Energieversorgung ist mit vielen Hürden verbunden, doch mit den richtigen Strategien und einem klaren Fokus auf Verantwortung und Innovation kann dieses Ziel erreicht werden.